Craven „A“ | Cork Tipped

CRAVEN „A“ Cork Tipped. Endlich ist es so weit, eine meiner absolut bevorzugten Zigarette ist nach langer intensiver Suche dank Thomas in meinen Besitz gelangt. Und das gleich 3 Mal. Akkurat und original in Zellophan verpackt, mit perfekt erhaltenem Inhalt, aufgestöbert wurden sie in Spanien. Einen grossen Dank an den der sucht und findet!

Lange hatte ich sie gesucht, meine letzte Schachtel kaufte ich 2006 in Saint-Tropez während eines Urlaubs. Davon existier sogar noch ein Foto (weiter unten). Nur ist da bereits schön länger der grosse kleine Unterschied zum «Original» zu sehen. Denn früher waren die „A“ noch wirklich echt «Cork Tipped».

Cork Tipped? Was heisst das denn? Wer wie ich die Gnade des «früher geborenen» hat, erinnert sich vielleicht noch, wobei, in den 70er Jahren war das die einzige Marke, die mir bekannt war, welche wirklich Cork Tipped war. Aber fast alle klassischen Filterzigaretten besassen dieses beige-orangen, mit hellen Sprenkeln durchsetzte Filterpapier. Warum aber dieses Muster und diese Farbe? Die Erklärung ist einfach, es wollte die gelernte, ursprünglich mit einer hauchdünnen Schicht von echtem Kork überzogene Mundspitze nachahmen.

Craven A Cork Tipped

Masse Zigarette: Länge: 72mm, Durchmesse 7mm, Korkstreifen 11mm. Packung: 85x75x18mm

Craven A Cork Tipped

Der Reihe nach: Habt Ihr schon mal eine Zigarette ohne Filter geraucht? Vielleicht eine Gauloise bleu, eine Parisienne carré, eine Player’s Navy Cut oder ne Roth-Händle? Genau – da war nicht nur dieser tolle unverfälschte starke Geschmack von Tabak, sondern als Zugabe gleich noch ein paar Krümel Tabak auf der Zunge. Diese konnte man entweder mit Daumen und Zeigefinger entfernen (dezent-elegant) oder mit zugespitzte Zunge, untermalt mit mehreren kurzen Pfütt-Pfütt-Lauten ausspucken (einiges weniger elegant). Noch viel weniger angenehm war aber der Umstand, dass regelmässig Zigarettenpapier an den feuchten Lippe in inniger Verbundenheit kleben blieben.

Etwas Geschichte – die Zigarette erobert die Welt: Erst ab ca. 1830 wurde die «Cigarette» – also das Rauchen von Tabak, zuerst in Blätter gerollt, später auch in dünnem Papier, in Frankreich populär (andere Quellen schreiben die Zigarette den Spaniern zu, dort «Papelate» genannt). Dies als Alternative zum bis dahin bekannten Pfeifenrauchen oder Snuff. Um 1860 brachten britische Kolonialisten und Soldaten bei ihrer Heimkehr fremde, exotisch duftende Tabake aus fernen Ländern nach Hause. Das Rauchen und der Duft exotischer Zigaretten wurden rasch Mode.

Die ersten Zigaretten waren ursprünglich alle filterlos (Plain) und das Mundende nicht umhüllt (Tipped). Mit dem Aufkommen Türkischer, Ägyptischer und Russischer Zigaretten kam auch ein neuer Trend – Gold Tip. Bei diesen hochpreisigen Zigaretten war das Ende der Zigarette mit einem echten Band Blattgold überzogen. Die Zeit als die Lippen des Rauchers auf am Zigarettenpapier klebten, waren vorbei – zumindest für die wohlhabenden Zeitgeister. Später folgte die Einführung von Cork Tips und Goldimitaten als günstige Alternative zu echtem Blattgold. In der Schweiz gab es eine weitere Alternative, die JOB Nacre, hier war das Mundende mit einer Art Perlmutterpapier umhüllt (auf diesem Blog).

Pure Gold Tipped Cigarettes

Rauchen wird Mode: Der neue Trend verlangte neue Verkaufsstrategien. Marken und Verpackungen erhielten eine grössere Bedeutung. Die alte Nummerierung und Kennzeichnung der Mischungen blieben vorerst noch bestehen, wurde jedoch mit beschreibenden Zusätzen wie Gold-, Cork-Tipped, Rund, Oval, Lang, Mittel, Klein, Voll, Mittel und später Mild angereichert.

Auch die traditionelle Art Zigaretten in Holzkistchen und Pappschachteln mit 100 oder mehr Zigaretten zu verkauft wurde hinterfragt. (Exklusive und exotische Marken wurden zum Teil in aufwendigen Blechdosen angeboten, siehe Simon Arzt). Packungen mit 10 und 20 Zigaretten sowie Kartons mit 25 und 50 Zigaretten wurden ab 1880 nach und nach eingeführt. Um das Rauchen noch populärer zu machen, gelangten um 1890 Packungen mit 5 Zigaretten in den Verkauf. In meiner Jugend konnte man selbst einzelne Zigaretten kaufen.

Eine Erfindung führte zum Erfolg: 1881 erhielt James Bonback aus Virginia das Patent für die von ihm erfundene Zigarettenrollmaschine. Diese ermöglichte es 10’000 Zigaretten pro Stunde herzustellen. Eine Revolution, denn bis dahin wurden Zigaretten noch ausschliesslich von Hand gedreht. Um die Effizienz seiner neuen Maschine zu demonstrieren, veranstaltete Bonsack 1897 einen Zigaretten-Roll-Wettbewerb: Gesucht wurde der/die schnellste RollerIn. Mit 162 handgerollten Zigaretten in 30 Minuten gewann Lily Lavender den Wettbewerb!

James Albert Bonsack

Die von James Albert Bonsack erfunden Zigarettenrollmaschine (U.S. patent 238,640, granted March 8, 1881)

Um die Jahrhundertwende (1900) führte ein erbitterter «Tabakkrieg» zwischen der American Tobacco Company und britischen Herstellern zu veritablen Werbekämpfen zwischen den grossen Markt-Playern. Man überbot sich mit neuen Strategien: Hauslieferungen, Preisausschreiben, Wertmarken und Sticker sammeln (Pokémon & Panini lassen grüssen) waren angesagt. Alles was das Wachstum des Zigarettenmarktes förderte, wurde ausgelotet.

Die gesundheitlichen Bedenken hinsichtlich des Rauchens von Zigaretten bestanden jedoch bereits seit dem späten 19. Jahrhundert. Nach dem 1. Weltkrieg, als viele Männer stark zigarettenabhängig nach Hause kamen und häufig gesundheitliche Probleme hatten (vermutlich nicht nur vom Tabak!), erhielt diese Thematik erneut Beachtung. Die Zigarettenindustrie reagierte um 1920 mit der Einführung der ersten Filterzigaretten. Später folgten mildere Sorten, die starken Zigaretten wurden langsam ersetzt.

In den 20er und 30er Jahren feierte die Zigarette in eine goldene Ära. Rauchen war bei Männern und Frauen Chic. Marken und Packungsdesigns spiegelten das glamouröse Image wider, dass das Rauchen erlangt hatte. Vornehme Clubs, Gesellschaften sowie grosse Theater- und Kinoketten führten eigene Zigarettenmarken ein, hier ein paar Namen: Foyer, Private Lounge oder Circle.

Mit der ab 1930 zunehmenden Beliebtheit des Virginia-Tabaks begann der Stern der exotischeren importierten Marken langsam aber stetig zu sinken. Die mondänen Goldspitzen, die mit den exklusiven Importmarken verbunden wurden, wurden von den neuen Filterzigaretten ersetzt und waren bis 1940 fast verschwunden. In Folge des 2. Weltkrieges verschwanden viele kleinere Hersteller, grössere überlebten durch Zusammenschlüsse.

Die wichtigsten Tabaksorten und ihr typischer Geschmack:

  • Virginia-Tabak: süss, strohig und heuartig.
  • Burley-Tabak: würzig, bitter, erdig und holzig.
  • Orient-Tabak: süsslich, schwer, schweißig und grasig.

Nach den Kriegsjahren in den 50er Jahren brachten die meisten Zigarettenmarken zu den herkömmlichen «Plains», eine Alternative mit Filterspitze. Benson & Hedges führte 1960 das King-Size Format ein. Diese wurde von anderen Herstellern schnell kopiert. Weitere Varianten folgten: Super King, International Size oder Slims. Ab 1970 wurden viele der Zigaretten in normaler Stärke wegen gesundheitlicher Bedenken vom Markt genommen. 1971 erschien in Grossbritannien die ersten Gesundheitswarnungen auf den Verpackungen.


Craven A Cork Tipped

Craven A Cork Tipped

DIE GESCHICHTE VON CRAVEN „A“ Virginia

Die Geburtsstunde:

Im Jahr 1904 wurde die Carreras and Marcianus Ltd an der St James’s Place, Aldgate EC3 gegründet. Zweck der Firma war es die Produktion von maschinell hergestellten Zigaretten aufzunehmen. Im gleiche Jahr feierten drei Marken ihren Markteintritt, darunter Black Cat. Sie war die erste Zigarette im Vereinigten Königreich, bei welcher man beim Kauf Gutscheine enthielt, diese konnten gegen Geschenke eingelöst werden.

1921 brachte Carreras die Marke Craven „A“ auf den Markt. Sie sollte für das Unternehmen ein grosser und durchschlagender Erfolg werden, zu ihren besten Zeiten wurde sie in 120 Ländern verkauft. Craven „A“ war die erste maschinell hergestellte Zigarette mit Korkspitze. Ihr Name wurde nach dem Earl of Craven benannt, deren Familie enge Freunde der Firma waren.

Kurz nach der Einführung von Craven „A“ brachte Carreras 1921 weitere Marken wie Wall Arms, Piccadilly und Turf auf den Markt. Bereits 1927 stiess das Arcadia-Werk an der City Road an seine Kapazitätsgrenzen. Der Krieg hatte die Nachfrage nach Zigaretten massiv erhöht, trotz der Übernahme anderer Londoner Betriebe in Aldgate musste Carreras eine Lösung für eine neue Fabrik und grössere Produktionsmengen finden.

Im Jahr 1928 wurde das berühmte Arcadia-Werk in Mornington Crescent NW1 eröffnet, einem angesagten Ort, der damals von Künstlern und Schriftstellern frequentiert wurde. Das Gebäude, das zu einem wichtigen Wahrzeichen Londons geworden ist, war für die Zeit in seinem Konzept wie in seinem Design revolutionär. Es war das erste architektonische Werk in Grossbritannien, bei welchem die neue Spannbetontechnologie zum Einsatz kam. Dazu kam noch weiter technische Highlights: so verfügte sie über eine Klimaanlage oder eine Staub Absauganlage zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Auch war das Unternehmen das Erste, das für seine Mitarbeitenden umfassende Sozialleistungen erbrachte. Den Eingang zum imposanten Gebäude dominieren noch heute zwei grosse Bronzekatzen. Diese Abbilder des ägyptischen Gottes Bastet, welche in der Londoner Haskins-Giesserei gefertigt wurden, sind jeweils zwei Meter gross und wachen bis heute stolz und erhaben über Arcadia Works.

Carreras and Marcianus Ltd Craven A Craven A Cat

Die Anziehungskraft der Arcadia-Werke am Mornington Crescent war so gross, dass sie oft vom britischen Adel und vom König besucht wurden, darunter der Herzog von Windsor, König George VI oder dem Herzog von Kent.

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Das Raucherlebnis nach so lange Zeit: Nachdem ich die Zigaretten längere Zeit in meinem Humidor aufbewahrt habe war es soweit. Mir Ehrfurcht habe ich mir eine Craven A angezündet. Was dann geschah, hat mich total überrascht. Die Zigarette besitzt auch nach Jahrzehnten noch alle typischen Merkmale. So viel Geschmackserlebnis hat mir eine Zigarette schon seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr bereitet. Das Aroma ist überwältigend, die Stärke wie früher, vielleicht etwas herber und weniger Süsse als in meiner Erinnerung (Eine „A“ ist ja auch keine Sweet Afton oder Player’s Navy Cut – die waren für ihre teerige schwere Süsse legendär).

Craven A Cork Tipped

Cork Tipped. Noch bevor es die Zigaretten mit Filter gab, zeichnete sich Craven „A“ mit einer echten Innovation aus. Ihr Mundstück war mit einer hauchdünnen Schicht aus echtem Kork versehen. Der Vorteil: Das lästige und zuweilen schmerzhafte Klebenbleiben feuchter Lippen am Papier gehörte der Vergangenheit an. Zudem fühlte sich das Mundstück sehr sanft an, etwas, dass zur damaligen Zeit bestimmt „unmännlich“ wirkte. Dies ist wohl der Grund, warum die Werbung vorerst hauptsächlich auf Frauen fokussiert war.

Craven A

No more Cork Tipped! R.I.P. Zum Vergleich oben eine Craven „A“ aus dem Jahre 2006. Gut zu erkennen, die Mundspitze besteht nicht mehr aus echtem Kork, sondern aus einem bedruckten Papier, so wie man es von früheren Zigaretten kennt (Marlboro usw.). Immerhin gab es 2006 diese wunderbare Virginia Zigarette noch, fotografiert am genauso legendären Strand «La Plage des Jumeaux» in Saint-Tropez/Ramatuelle (F)… leider ist auch dieser Geschichte.

La Plage des Jumeaux


Das Design lebt. Auch wenn diese King Size Filterzigarette im Geschmack mit der Cork Tipped nicht zu vergleichen ist, wenigsten lebt das tolle Design (noch) etwas weiter. (Abgebildete Packung: gekauft in Saint-Tropez (F) 2006/07)

Craven A King Size

Craven A King SizeCraven A King Size


Werbung aus vergangenen Zeiten

craven a cork tipped cigarettes advertising

Was heute absolut undenkbar ist, war nach dem Ersten Weltkrieg ein erfolgreicher Slogan, mit dem die Marke für ihr Produkt Werbung machte: „Will Not Affect Your Throat.“ „Reizt Ihren Hals nicht.“…

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Und noch eine hübsche Tipped-Geschichte zum Schluss:

Hier geht es um die Geschichte einer antiken Zigarettenschachtel aus den 1920er Jahren. Die Aussenseite ziert ein blau-rosa Bild eines ägyptischen Scheichs, im Hintergrund sieht man Palmen, Pyramiden und Kamelen. Im Inneren befinden sich 18 originale «Gold Tipped».Zigaretten (um ein Ankleben der Lippen zu verhindern). Jede Zigarette ist mit dem filigranen Stempel «Specially Made for Hope Hampton“ von M.S. & Said Abdoulatif Elgabri, Kairo».

Hope Hampton (Mae Elizabeth Hampton, 19. 2. 1897 – 23. 1. 1982) war eine aufstrebende amerikanische Opernsängerin und erfolgreiche Stummfilm Schauspielerin.  In den 1920er Jahren erlangte sie Berühmtheit mit ihren Flapper-Girl- und Sirenen-Rollen.

In Hopes Flitterwochen in Ägypten soll ein Scheich ihrem Ehemann £ 10.000 Britische Pfund für seine Frau geboten haben. Mit einem Lächeln antwortete der Ehemann dem Scheich, die Juwelen die Hope besässe hätten mehr Wert, als er für seine Ehefrau biete! Die Flitterwochen fanden 1923 statt, man kann also davon ausgehen, dass Hope zu dieser Zeit diese aussergewöhnlichen Custommade-Zigaretten als Geschenk erhielt.

M.S. & Said Abdoulatif Elgabri, Kairo

Hope Hampton actress

Hope Hampton M.S. & Said Abdoulatif Elgabri, Kairo